Farsi („Persisch“) ist im Iran Amtssprache, die von einem Großteil der Bevölkerung zumindest als Zweitsprache gesprochen wird. Daneben sind im Iran diverse regionale Sprachen bzw. Dialekte wie Paschtu, Kurdisch, Armenisch, Aserbaidjanisch und andere in Gebrauch und stehen weitgehend gleichberechtigt neben Farsi.
Eine indogermanische Sprache
Wer verschiedene europäische Sprachen gelernt hat (neben meiner Muttersprache Deutsch sind das in meinem Fall Englisch, Französisch, Spanisch und Latein), findet rasch Parallelen in Grammatik und Wortschatz. In der modernen Sprache wurden zudem viele Lehnwörter aus europäischen Sprachen übernommen. Weitere Lehnwörter stammen aus dem Arabischen, so dass es natürlich nichts schadet, auch hier ein paar Vorkenntnisse mitzubringen.
„Farsi ist einfach“
Das ist ein Lieblingssatz meines Lehrers, und er stimmt:
- Es gibt keine Artikel (kein „der/die/das“, kein „le/la“, noch nicht einmal „the“).
- Das Verb steht immer am Satzende – einschließlich einer eventuellen Verneinung und der Zeitform.
- Eigenschaften bilden mit dem betreffenden Wort eine Einheit.
- Es gibt keine Beugung (also kein „du/dich/dir“ usw.)
- Die Mehrzahl wird in der Regel durch die Nachsilbe -ha angezeigt.
Natürlich gibt es diverse weitere Regeln, und das Vokabellernen ist mühsam wie in jeder Sprache. Aber insgesamt betrachtet, ist es für einen Iraner sicher deutlich schwieriger, gut Deutsch zu lernen, als umgekehrt für einen Europäer, sich auf Farsi zu verständigen. Andererseits bin ich nach wie vor Anfänger und bewege mich damit vermutlich sinnbildlich eher im seichten Wasser – die wahren Untiefen und Klippen dieser Sprache sind mir noch fremd.
Die Krux mit der Schrift
Kniffliger als Grammatik, Struktur und Wortschatz ist für Europäer die Schrift, und zwar beginnend bei der Blickrichtung. Geschrieben wird von rechts nach links, und Bücher werden (aus europäischer Sicht) von hinten nach vorne gelesen.
Das Alphabet hat eine etwas andere Reihenfolge als das europäische, was es auch einem alten Hasen im Sprachenlernen erheblich erschwert, im Wörterbuch ein unbekanntes Wort aus der Fremdsprache nachzuschlagen. Denn von zahlreichen Buchstaben, insbesondere den s-Lauten, existieren diverse Varianten – derselbe Laut wird mal mit arabischen, mal mit persischen Buchstaben dargestellt und sieht zudem sowohl gedruckt, als auch handschriftlich am Anfang, in der Mitte und am Ende eines Wortes unterschiedlich aus. Solange man also als Anfänger das Wort nicht kennt, kann man lange blättern.
Ungewohnt für Europäer ist auch, dass die meisten Vokale in der Schriftsprache nicht dargestellt werden. Für Kinder und blutige Anfänger werden die Vokale freundlicherweise mit Hilfe von Akzenten angedeutet, die in der Hochsprache (und bei Kindern etwa ab der 3. Grundschulklasse) jedoch nicht mehr auftauchen. Wer ein Wort aus der gesprochenen Sprache kennt, kommt mit dieser Methode vermutlich klar. Wer nur das Schriftbild sieht, kann zu raten beginnen.
Ressourcen
Nach einem kurzen Einführungskurs am Arabia Institut in Freiburg wartete ich lange auf den passenden Volkshochschulkurs in meiner Heimatstadt, Karlsruhe, der wieder ein Stück weiter half.
Bei Langenscheidt gibt es ein kleines Wörterbuch, leider mit den oben beschriebenen Problemen beim Nachschlagen unbekannter Worte. Als Lehrbuch leistet mir „Persisch für Anfänger“ von Asya Asbaghi gute Dienste (mit CD, 4. überarbeitete Auflage von 2010); es kommt meinem Hang zum Selbststudium entgegen. Ansonsten sollte man sich vor Ort nach Lehrern umsehen und im Idealfall ein Tandem mit aufgeschlossenen Exiliranern bilden, von dem beide Seiten profitieren.
Warum ausgerechent Farsi lernen?
Auslöser war der jährliche Besuch der Frankfurter Buchmesse. Der Stand des Iran war gespickt mit berückend schönen Fotos und Schriftbildern, deren Ästhetik etwas in mir zum Klingen brachte. Positive Kindheitserinnerungen an zahllose orientalische Märchen vermischten sich mit diesen faszinierenden Bilder und zeigten ebenso wie die Stände der Exiliraner und Filme aus ungewohnter Perspektive (z.B. „Persepolis“, „Kinder des Himmels“, „Offside“), dass sich eine Kultur nicht auf aktuelle Tagespolitik und das gegenwärtige Regime reduzieren lässt. Gerade für Regisseure und Autoren, ob im Iran oder im Exil, ist es zudem wichtig, unter Umständen lebenswichtig, von der Öffentlichkeit wahrgenommen zu werden.
Jede neue Sprache ist ein Fenster, das einen anderen Blick auf die Welt eröffnet – und dieses Fenster steht nun einen Spalt breit offen.