Fortbildung 3: Filme übersetzen

Sprachfüchse sehen Filme gern in der Originalsprache – um das Ohr zu schulen oder in einer neuen Sprache Fuß zu fassen. Hierdurch und durch erste Aufträge für Werbefilme für Konsumgüter und aus der Buchbranche wuchs mein Interesse an der Filmübersetzung, die zahlreiche Aspekte umfasst.

Filmuntertitelung im Literaturhaus Lenzburg, Nordschweiz

Ein Tipp von Anja Siouda in der XING-Gruppe Die Literaturübersetzer machte mich auf das Angebot des Literaturhauses Lenzburg aufmerksam, wo sich jedes Frühjahr rund 50 Literaturübersetzer zu hochkarätigen Workshops und regem Austausch treffen.

Der Workshop „Filmuntertitelung“ von Yvonne Gaug, Dozentin an der Züricher Übersetzerschmiede SAL , vermittelte anhand anschaulicher Beispiele aus unterschiedlichen Filmgattungen und Ausgangssprachen einen soliden Einstieg in die „normale“ Untertitelung, bei der die Originalsprache zu hören ist. In der Adaption für Hörgeschädigte (Stichwort: Barrierefreiheit) sind noch andere Aspekte zu berücksichtigen.

„Wir kürzen nicht, wir verdichten.“

Diese Aussage spiegelt das Vorgehen bei der Untertitelung: Nach der Transkription (was sagen die Schauspieler?) und dem Spotting der Timecodes (bei welchem Bild sagen sie es?) folgt die Übersetzung der Dialogliste strengen Regeln: Maximal zwei Zeilen werden mindestens (!) eine Sekunde eingeblendet; der Satz ist klar strukturiert, die Wortwahl unaufdringlich, Kennwörter (z.B. Ortsnamen) sind richtig platziert.

 „Der Untertitel soll untergehen.“

Untertitel erweitern das Medium Film, das von Bild und Ton lebt, um eine dritte Ebene, die eine gewisse Distanz erzeugt. Die schriftliche Sprache muss sich den anderen Codes werktreu unterordnen, um die Interpretation des Zuschauers zu stützen, statt sie zu überlagern. Für die Übersetzung von Untertiteln und transkribierten Dialogen zur Synchronisation ist daher Hintergrundwissen über Drehbücher, Genres und Filmgeschichte sehr wünschenswert.

Die Anforderungen an Rechtschreibung und Zeichensetzung sind noch höher als in anderen Texten, weil jeder Fehler den Zuschauer aus dem Film katapultiert – entweder beginnt das Grübeln, ob der Fehler etwas Besonderes aussagen soll, oder man hinterfragt die Gesamtqualität des Films.

Seminar: Sprachsynchronisation Bewegtbild – Sprache in Bewegung

 Einen anderen Ansatz verfolgte das Seminar bei Markus Kambeck, Geschäftsführer der Karlsruher Filmproduktionsfirma kambeckfilm GmbH. Hier lag der Schwerpunkt auf der Sprachadaption von Kurzfilmen, Dokumentationen und Werbung für Industrie und Wirtschaft, wo zum Teil andere Anforderungen gelten als beim Fernseh- und Kinofilm.

Je nach filmischer Vorgabe müssen Off-Sprecher, vorhandene Untertitel, On-Screen-Text (gegebenenfalls grafisch gestaltet und animiert) oder von Sprechern lippensynchron zu sprechende Texte so übersetzt werden, dass sie im Studio nahtlos weiterzuarbeiten sind.

„Das Detail ist kein Detail, sondern macht das Produkt.“

Charles Ormand Eames, Designer und Architekt

Die Vielfalt der gezeigten Beispiele vermittelte anschaulich, dass der Übersetzer ohne Zugriff auf das Original, Informationen zum ursprünglichen Auftraggeber und dessen Vorgaben und die Möglichkeit, Rückfragen zu stellen, nur schwer den richtigen Ton treffen kann.

Unerlässlich ist daher: Fragenkatalog entwickeln und bei Unklarheiten unbedingt nachhaken. Das Ziel jeder Produktion ist schließlich ein Produkt, bei dem jedes Detail stimmt!

Dieses Seminar wird 2013 noch zweimal wiederholt, und zwar am Samstag, 11. Mai 2013, in Berlin und am Samstag, 3. August 2013, in Stuttgart. Organisation und Anmeldung erfolgen über den Übersetzerverband DVÜD e.V. 

Empfehlenswerte Profi-Software

Untertitel werden mit professioneller Software erstellt, die diverse Dateiformate unterstützen muss. Hierzu gibt es verschiedene Profi-Programme mit unterschiedlichen Funktionen. Als besonders vielseitig und zuverlässig gelten BelleNuit, EZTitles sowie FAB (für Fernsehen und PC). Zur Prüfung der sprachlichen Korrektheit empfehlen sich der Duden oder ErrorSpy.

Erfahrungen sammeln kann man auch über die Untertitelfunktion von YouTube – hierzu kann man den eigenen Kanal nutzen; allerdings darf man einen untertitelten Fremdfilm aus Copyrightgründen nicht veröffentlichen. Dieses Vorgehen ist also nur zum Üben geeignet, oder um das fertige Produkt anschließend dem Rechteinhaber anzubieten.

Imke Brodersen

Ein Blog von Imke Brodersen über Bücher, Autoren und den Alltag einer Literaturübersetzerin. A German literary translator's blog on books, authors, and translating in general. By Imke Brodersen.

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