Nachwuchsmangel bei literarischen Übersetzern

Der Kölner Stadt-Anzeiger nahm eine VdÜ-Meldung zur Altersstruktur von Literaturübersetzern zum Anlass für den lesenswerten Artikel „Literaturübersetzer: Der Nachwuchs schwindet“ (August 2013, von Angela Sommersberg).

Nachdenklich macht mich dabei die dort zitierte Bemerkung von Paul Berf:

„Ein Text von einem 20-jährigen Autor sagt mir nichts. Als Übersetzer muss man ja auch das Lebensgefühl treffen.“

Genau aus diesem Grunde lehnte ich vor einigen Jahren in einem Gespräch mit meinem Lektor auf der Frankfurter Buchmesse ein Angebot ab, als ich hörte, worum es ging. Ich fürchtete, nicht die richtige Sprachebene zu treffen, und meinte spontan: „Geben Sie das doch lieber einer jüngeren Übersetzerin, am besten unter 30.“ Viele Monate später hielt ich einen Bestseller in den Händen, amüsierte mich beim Lesen königlich, und plötzlich wurde mir bewusst, was ich da abgelehnt hatte…

Heute würde ich antworten: „Schicken Sie mir doch bitte das Manuskript; das würde ich mir gern ansehen.“ Trotzdem: Die Kollegin hatte ganze Arbeit geleistet, und ich weiß nicht, ob ich das genauso locker-flockig hinbekommen hätte.

Also, liebe junge Kollegen und Kolleginnen: Lasst euch nicht abschrecken. Es gibt immer wieder neue Autoren, neue Themen und einen neuen Zeitgeist. Und neue Leser, die einen anderen Umgang mit Sprache bevorzugen.

 

Imke Brodersen

Ein Blog von Imke Brodersen über Bücher, Autoren und den Alltag einer Literaturübersetzerin. A German literary translator's blog on books, authors, and translating in general. By Imke Brodersen.

Kommentare (2) Schreibe einen Kommentar

Schreibe einen Kommentar zu Alexander von Obert Antworten abbrechen

Pflichtfelder sind mit * markiert.